Spermidin ist eine körpereigene Substanz, die in jeder Zelle des menschlichen Körpers vorkommt. Sie gehört zur Gruppe der sogenannten Polyamine. Diese natürlichen Moleküle sind mit den Aminosäuren verwandt und an zahlreichen Prozessen im Körper beteiligt. Dazu gehören unter anderem die DNA-Stabilisierung, die Zellregeneration und die Zellerneuerung. Spermidin findet sich aber auch in der Nahrung und kann darüber unsere Gesundheit beeinflussen. Der folgende Artikel erklärt, wie Spermidin auf die Gesundheit wirkt und wie man es am besten für sich nutzt.
Wo kommt Spermidin vor und in welchen Lebensmitteln ist es zu finden?
In der Wissenschaft hat man erst vor wenigen Jahren begonnen, den Nutzen von Spermidin für die Gesundheit zu erforschen. Obwohl Spermidin vom Körper selbst produziert wird, nimmt dessen Konzentration mit zunehmendem Alter ab. Daher ist es sinnvoll, eine ausreichende Zufuhr durch die Nahrung sicherzustellen. Spermidin ist in verschiedenen Lebensmitteln in unterschiedlichen Konzentrationen vorhanden. Weizenkeime sind eine besonders reichhaltige Quelle für Spermidin. Aus diesen können auch Extrakte hergestellt werden. Diese Weizenkeim-Produkte weisen einen besonders hohen Spermidingehalt auf. Andere Lebensmittel mit hohem Spermidingehalt sind darüber hinaus Sojabohnen, grüne Erbsen, Pilze und reifer Käse. Der Spermidinanteil in diesen Lebensmitteln fällt jedoch deutlich geringer aus als in Weizenkeimen (Zou et al., 2022).

Darüber hinaus können auch die Bakterien im Darm Spermidin bilden. Die dort lebenden Bakterien werden auch als Mikrobiom bezeichnet und befinden sich in Symbiose mit dem Körper. Laut einer japanischen Studie können diese Mikroorganismen Spermidin aus L‑Arginin bilden. Das so entstehende Spermidin wird dann einfach zusammen mit dem Spermidin aus der Nahrung aufgenommen. Voraussetzung scheint allerdings das Vorkommen bestimmter Bifidobakterien im Darm zu sein. Diese können jedoch als Probiotikum eingenommen werden (Matsumoto et al., 2019).
Wirkung von Spermidin im Körper: Aktivierung der Autophagie
Spermidin hat eine zentrale Rolle in den Prozessen der Zellerneuerung im Körper. Es fördert den Prozess der Autophagie, bei dem geschädigte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. Diese Funktion ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Zellgesundheit und der Zellerneuerung der Haut. So hilft die Autophagie dabei, den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene zu verlangsamen (Madeo et al., 2019).
Darüber hinaus zeigt sich, dass Spermidin eine vielversprechende Substanz in der Anti-Aging-Ernährung ist. Die Unterstützung der Autophagie durch Spermidin trägt zur Zellgesundheit und –regeneration bei. Das trägt wiederum zur Aufrechterhaltung einer jugendlichen Haut bei und hilft, die Entstehung von Falten zu verlangsamen (Madeo et al., 2018).
Spermidin und der Alterungsprozess: Ein natürlicher Jungbrunnen?
Die Rolle von Spermidin im Alterungsprozess hat in der Wissenschaft viel Aufmerksamkeit erregt. Es wurde festgestellt, dass eine erhöhte Spermidinzufuhr dazu beiträgt, Alterungsprozesse zu verlangsamen und die Gesundheit zu verbessern (Madeo et al., 2019).
Neben der Aufnahme durch die Nahrung können Spermidin-Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden, um die Spermidinkonzentration im Körper zu erhöhen. Diese können als Teil einer Anti-Aging-Strategie verwendet werden, da sie dazu beitragen, den Spermidingehalt im Körper aufrechtzuerhalten.
Autophagie und die “Hallmarks of Aging”
Der Begriff Autophagie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie “Selbstfresseen”. Es handelt sich dabei um einen Prozess, bei dem Zellen beschädigte oder nicht mehr benötigte Bestandteile abbauen und recyceln. Dies ermöglicht eine Erneuerung und Aufrechterhaltung der Zellgesundheit. Wenn die Autophagie ordnungsgemäß funktioniert, kann sie dazu beitragen, Krankheiten und altersbedingte Schädigungen zu verhindern (Mizushima & Komatsu, 2011).
Die “Hallmarks of Aging” sind wiederum neun grundlegende Merkmale, die im Zusammenhang mit dem Alterungsprozess stehen. Laut einer Studie von López-Otín et al., (2013) gehören unter anderem genetische Instabilität, Telomerabnutzung, Verlust der Proteostase und gestörte interzelluläre Kommunikation dazu. Mehrere dieser Prozesse werden auch mit einer verminderten Autophagie in Verbindugn gebracht (López-Otín et al., 2013).
Spermidin ist ein natürlicher Induktor der Autophagie und verbessert die Fähigkeit der Zellen, beschädigte oder unerwünschte Bestandteile abzubauen und zu recyceln (Madeo et al., 2019). Darüber hinaus kann Spermidin mehrere der “Hallmarks of Aging” beeinflussen, einschließlich genetischer Instabilität und Verlust der Proteostase. Es hat das Potenzial, die gesunde Funktion der Zellen aufrechtzuerhalten und den Alterungsprozess zu verlangsamen.
Die Auswirkung von Spermidin auf verschiedene Krankheiten
Spermidin zeigt nicht nur eine vielversprechende Wirkung bei der Verlangsamung des Alterungsprozesses und der Förderung der Zellerneuerung und –regeneration. Es hat darüber hinaus auch das Potential, altersassoziierten Krankheiten entgegenzuwirken.
Ein Beispiel dafür sind Herzkreislauf-Erkrankungen. Eine Studie von Eisenberg et al. (2016) fand heraus, dass Spermidin eine kardioprotektive Wirkung hat und zur Verlängerung der Lebensdauer beiträgt. Die Autoren schlussfolgerten, dass Spermidin als eine Art “Anti-Aging Lebensmittel” eingestuft werden kann (Eisenberg et al., 2016).
Darüber hinaus kann Spermidin auch positive Effekte bei neurodegenerativen Erkrankungen haben. Dazu zählen unter anderem Alzheimer, Parkinson, oder die Huntington-Krankheit. Ghosh et al. (2020) berichten, dass Spermidin durch seine Fähigkeit, die Autophagie zu induzieren, im Tiermodell den neuronalen Abbau hemmt (Ghosh et al., 2020).
Schließlich hat auch die Rolle von Spermidin bei metabolischen Störungen, einschließlich Diabetes, Aufmerksamkeit erregt. Choksomngam et al. (2021) haben festgestellt, dass Spermidin eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Stoffwechsels spielt. Erste Ergebnisse deuten an, dass eine Ernährung reich an Spermidin die Blutzucker-Regulation verbessert (Choksomngam et al., 2021).
Fazit
Spermidin ist ein biogenes Polyamin und findet sich vor allem in Weizenkeimen und daraus gewonnenen Extrakten. Es aktiviert die Autophagie und verbessert dadurch die Zellerneuerung. Auf diesem Wege nimmt es Einfluss auf zahlreiche zelluläre Prozesse, die mit dem Alterungsprozess in Verbindung stehen. Durch seine Fähigkeit zur Förderung der Zellgesundheit und –erneuerung hat Spermidin das Potenzial, das Risiko zahlreicher Krankheiten zu reduzieren.
Quellen
- Choksomngam, Y., Pattanakuhar, S., Chattipakorn, N., & Chattipakorn, S. C. (2021). The metabolic role of spermidine in obesity: Evidence from cells to community. Obesity Research & Clinical Practice, 15(4), 315–326. https://doi.org/10.1016/j.orcp.2021.06.009
- Eisenberg, T., Abdellatif, M., Schroeder, S., Primessnig, U., Stekovic, S., Pendl, T., Harger, A., Schipke, J., Zimmermann, A., Schmidt, A., Tong, M., Ruckenstuhl, C., Dammbrueck, C., Gross, A. S., Herbst, V., Magnes, C., Trausinger, G., Narath, S., Meinitzer, A., … Madeo, F. (2016). Cardioprotection and lifespan extension by the natural polyamine spermidine. Nature Medicine, 22(12), 1428–1438. https://doi.org/10.1038/nm.4222
- Ghosh, I., Sankhe, R., Mudgal, J., Arora, D., & Nampoothiri, M. (2020). Spermidine, an autophagy inducer, as a therapeutic strategy in neurological disorders. Neuropeptides, 83, 102083. https://doi.org/10.1016/j.npep.2020.102083
- López-Otín, C., Blasco, M. A., Partridge, L., Serrano, M., & Kroemer, G. (2013). The hallmarks of aging. Cell, 153(6), 1194–1217. https://doi.org/10.1016/j.cell.2013.05.039
- Madeo, F., Bauer, M. A., Carmona-Gutierrez, D., & Kroemer, G. (2019). Spermidine: a physiological autophagy inducer acting as an anti-aging vitamin in humans? Autophagy, 15(1), 165–168. https://doi.org/10.1080/15548627.2018.1530929
- Madeo, F., Eisenberg, T., Pietrocola, F., & Kroemer, G. (2018). Spermidine in health and disease. Science (New York, N.Y.), 359(6374). https://doi.org/10.1126/science.aan2788
- Matsumoto, M., Kitada, Y., & Naito, Y. (2019). Endothelial Function is improved by Inducing Microbial Polyamine Production in the Gut: A Randomized Placebo-Controlled Trial. Nutrients, 11(5). https://doi.org/10.3390/nu11051188
- Mizushima, N., & Komatsu, M. (2011). Autophagy: renovation of cells and tissues. Cell, 147(4), 728–741. https://doi.org/10.1016/j.cell.2011.10.026
- Zou, D., Zhao, Z., Li, L., Min, Y., Zhang, D., Ji, A., Jiang, C., Wei, X., & Wu, X. (2022). A comprehensive review of spermidine: Safety, health effects, absorption and metabolism, food materials evaluation, physical and chemical processing, and bioprocessing. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety, 21(3), 2820–2842. https://doi.org/10.1111/1541–4337.12963