Longevity ist aus dem Lateinischen “longaevitas” abgeleitet und bedeutet “Langlebigkeit”. Der Begriff bezieht sich in der Biologie und Medizin auf die Verlängerung der Lebensspanne. Andere Definitionen legen einen stärkeren Fokus auf ein gesundes und produktives Leben. Die Forschung in diesem Bereich hat erheblich zugenommen, da Wissenschaftler danach streben, Mechanismen der menschlichen Langlebigkeit zu verstehen. Es wird nach Möglichkeiten geforscht, um mit diesen Erkenntnissen die Gesundheit während des Alterns zu verbessern (Carmona & Michan, 2016).
Ein zentraler Aspekt der Longevity-Forschung konzentriert sich auf die sogenannten “Hallmarks of Aging” oder “Merkmale des Alterns”. López-Otín und Kollegen (2013) definieren neun dieser Hallmarks, die zum biologischen Altern beitragen:
- Genomische Instabilität
- Telomer-Verkürzung
- Epigenetische Veränderungen
- Verlust der Proteostase
- Dysfunktionalität der Mitochondrien
- Zelluläre Seneszenz
- Stammzell-Erschöpfung
- Veränderte interzelluläre Kommunikation
- Dysregulation der Nährstofferkennung
Diese Merkmale verursachen kumulative Schäden auf zellulärer Ebene. Diese Schäden führen letztlich zu altersbedingten Erkrankungen und zur allgemeinen Abnahme der physiologischen Funktion (López-Otín et al., 2013).
Longevity oder Healthy Aging?
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Longevity-Forschung ist das Konzept des “Healthy Aging” oder “gesunden Alterns”. Carmona und Michan (2016) definieren gesundes Altern als den Prozess, altersbedingte Krankheiten so lange wie möglich hinauszuzögern. Gleichzeitig soll ein hohes Maß an körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit erhalten bleiben. Im Idealfall geht es darum, nicht nur länger zu leben, sondern auch länger gesund und aktiv zu bleiben (Carmona &Michan, 2016).
Gesundes Altern ist eng mit Lebensstilfaktoren verbunden. Dazu zählen die Ernährung, körperliche Aktivität, Rauchen und Alkoholkonsum. Auch sozialen Faktoren wie Bildung und soziale Unterstützung nehmen Einfluss. Die Forschung in diesem Bereich zielt darauf ab, die Lebensspanne zu verlängern und gleichzeitig Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern (Carmona &Michan, 2016).
Die Rolle der Ernährung für Longevity
Was wir essen, kann einen bedeutenden Einfluss auf unsere Gesundheit und Lebensspanne haben. Longevity hängt nicht nur von genetischen Faktoren ab, sondern auch von unserer Ernährung. Ausgewogene, nährstoffreiche Kost kann das Risiko für viele Krankheiten senken, die Gesundheit fördern und möglicherweise zu einem längeren Leben führen (Roberts et al., 2021).
Einer der Ernährungsansätze, die in der Wissenschaft besonders hervorgehoben werden, ist die mediterrane Diät. Diese Ernährungsweise, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und gesunden Fetten wie Olivenöl. Dadurch bietet sie zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Eine Studie von Mazza et al. (2021) stellt fest, dass eine mediterrane Diät das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen mindert. Diese Krankheitsbilder zählen zu den Haupttodesursachen bei älteren Menschen. Darüber hinaus weisen die Forscher darauf hin, dass eine mediterrane Ernährung zur körperlichen und geistigen Gesundheit im Alter beiträgt. Das macht sie zu einer potenziellen Strategie zur Förderung des gesunden Alterns und der Langlebigkeit (Mazza et al., 2021).
Neben der Auswahl gesunder Lebensmittel betonen Roberts et al. (2021) auch die Bedeutung der regelmäßigen Ernährungsscreenings als Teil eines proaktiven Ansatzes zur Förderung gesunden Alterns. Sie argumentieren, dass frühe und regelmäßige Ernährungsbewertungen helfen, ernährungsbedingte Risiken und Probleme zu identifizieren, bevor sie zu Krankheiten führen. Dies kann besonders wichtig sein, da der Ernährungsbedarf im Laufe des Lebens variieren kann. Spezifische Nährstoffe, wie beispielsweise Protein, variieren in ihrer Bedeutung in unterschiedlichen Lebensphasen. Indem man darüber aufklärt und die Ernährung anpasst, kann der langfristige Nutzen maximiert werden (Roberts et al., 2021).

Die Rolle von Sport und Bewegung für Longevity
Die wissenschaftliche Forschung bestätigt immer wieder die zentrale Bedeutung von Sport und Bewegung für ein gesundes Altern und Langlebigkeit. Unabhängig vom Alter kann körperliche Aktivität dazu beitragen, eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen zu verhindern oder zu lindern (Eckstrom et al., 2020).
Eine Studie von Cartee et al. (2016) konzentriert sich speziell auf die gesundheitlichen Vorteile von Bewegung für die Skelettmuskulatur. Die Forscher weisen darauf hin, dass regelmäßiges Training dazu beiträgt, den altersbedingten Abbau von Muskelmasse und ‑funktion zu verlangsamen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da eine starke Muskulatur zur Erhaltung der Mobilität, Unabhängigkeit und Lebensqualität im Alter beiträgt. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Bewegung die Gesundheit der Muskeln auf zellulärer Ebene fördert. Indem Prozesse wie die Eiweißsynthese und die mitochondriale Funktion verbessert werden, werden Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Muskulatur langfristig erhalten (Cartee et al., 2016).
Darüber hinaus betont Eckstrom et al. (2020) die breite Palette von Vorteilen, die körperliche Aktivität für die Gesundheit im Alter bietet. Dazu gehören die Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit, die Vorbeugung von Diabetes und bestimmten Krebsarten, die Verbesserung der Knochengesundheit und die Vorbeugung von Stürzen. Selbst dementielle Erkrankungen und kognitiver Abbau können durch regelmäßige Bewegung reduziert werden (Eckstrom et al., 2020).

Fasten und Kalorienrestriktion zur Förderung der Longevity
Die potenziellen gesundheitlichen Vorteile von Fasten und Kalorienrestriktion sind Gegenstand intensiver Forschung. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass diese Ernährungsstrategien die Langlebigkeit fördern und das Risiko chronischer Krankheiten senken (Green et al., 2022; Golbidi et al., 2017).
Die Kalorienrestriktion, also die Reduktion der Kalorienzufuhr ohne Mangelernährung, hat in zahlreichen Tierstudien gezeigt, dass sie die Lebensspanne verlängert. Darüber hinaus verzögert Kalorienrestriktion den Ausbruch und die Progression von altersbedingten Krankheiten einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs (Green et al., 2022). Die Autoren weisen darauf hin, dass die genauen Mechanismen, durch die Kalorienrestriktion die Langlebigkeit fördert, noch nicht verstanden sind. Wahrscheinlich basiert der Effekt jedoch auf verschiedenen Prozessen, einschließlich der Reduktion des oxidativen Stresses und der Förderung der Autophagie (Green et al., 2022)
Fasten, ob in Form von intermittierendem Fasten, oder periodischen Fastenperioden (mehrtägige Wasserfastenkuren), kann ähnliche gesundheitliche Vorteile bieten. Golbidi et al. (2017) weisen darauf hin, dass Fasten die metabolische Gesundheit verbessern, die Körperzusammensetzung optimieren und die Langlebigkeit fördern kann. Es wird angenommen, dass Fasten diese Vorteile bietet, indem es eine Reihe von zellulären und molekularen Anpassungen induziert. Unter anderem kommt es dabei zur Verbesserung der Insulinsensitivität, der Reduzierung von Entzündungen und der Stimulation der Autophagie (Golbidi et al., 2017).
Nährstoffe zur Förderung der Longevity
Neben grundsätzlichen Ernährungsempfehlungen spielen bestimmte Nährstoffe eine wichtige Rolle bei der Förderung der Longevity. Eine Reihe von Nährstoffen und natürlichen Verbindungen konnten dabei in Studien die Lebensdauer verlängern und die Alterungsprozesse verlangsamen. Zu den vielversprechendsten Kandidaten gehören dabei:
Spermidin
Spermidin ist eine natürliche Verbindung, die in verschiedenen Lebensmitteln vorkommt. Dazu zählen Weizenkeime, Sojabohnen, Pilze und gereifte Käsesorten. Interessanterweise wurde gezeigt, dass Spermidin die Autophagie fördert, ein zellulärer Reinigungsprozess, der für die Gesundheit und Langlebigkeit entscheidend ist. Darüber hinaus haben Studien an Modellorganismen gezeigt, dass eine Erhöhung der Spermidin-Spiegel die Lebensdauer verlängern kann (Madeo et al., 2010). Spermidin kann dabei nicht nur über die Nahrung aufgenommen werden, sondern wird auch durch Bakterien im Darm hergestellt. Die kombinierte Gabe bestimmter Bifidobakterien mit der Aminosäure L‑Arginin scheint diesen Prozess besonders zu fördern (Matsumoto et al., 2019). Das macht Spermidin zu einem potentiellen “Longevity-Elixier” (Madeo et al., 2010).
Curcumin
Curcumin, der Hauptwirkstoff in Kurkuma, hat zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften. Es hat entzündungshemmende, antioxidative und krebsbekämpfende Wirkungen und kann das Altern und die Seneszenz auf molekularer Ebene beeinflussen. Curcumin kann die Telomerlänge erhalten, die zelluläre Gesundheit verbessern und das Risiko altersbedingter Krankheiten reduzieren (Zia et al., 2021).
Resveratrol und Pterostilben
Resveratrol und Pterostilben kommen in Weintrauben, Blaubeeren und anderen Früchten vor. Sie haben in Studien gezeigt, dass sie das Altern verlangsamen und die Langlebigkeit fördern können. Sie verbessern die zelluläre Gesundheit, reduzieren den oxidativen Stress und können die Herzgesundheit fördern (Li et al., 2018).
Nicotinamid-Mononukleotid (NMN)
NMN ist ein Vorläufer von Nicotinamidadenindinukleotid (NAD+), einer essentiellen Verbindung für die Energieproduktion in den Zellen und die DNA-Reparatur. NMN-Supplementierung hat das Potenzial, die NAD+-Spiegel im Körper zu erhöhen, was mit verbessertem Stoffwechsel, erhöhter Energieproduktion und verlängerter Lebensdauer in Verbindung gebracht wird (Nadeeshani et al., 2022).
Es ist wichtig zu betonen, dass die Forschung zu diesen Verbindungen noch andauert. Die optimale Dosierung und die potenziellen Langzeiteffekte müssen noch weiter untersucht werden. Eine ausgewogene Ernährung und ein gesunder Lebensstil sind immer noch die besten Strategien, um eine optimale Gesundheit zu fördern.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Longevity ein interdisziplinäres Feld ist, das sich auf die Erforschung des gesunden Alterns konzentriert. Außerdem arbeiten Forscher in diesem Bereich an Strategien, um die Gesundheit und das Wohlbefinden während des Alterns zu verbessern. Zu den vielversprechendsten Ansätzen zählen dabei neben einer ausgewogenen Ernährung, Bewegung und Fasten auch bestimmte Nährstoffe wie Spermidin.
Quellen
- Carmona, J. J., & Michan, S. (2016). Biology of Healthy Aging and Longevity. Revista de Investigacion Clinica; Organo Del Hospital de Enfermedades de La Nutricion, 68(1), 7–16.
- Cartee, G. D., Hepple, R. T., Bamman, M. M., & Zierath, J. R. (2016). Exercise Promotes Healthy Aging of Skeletal Muscle. Cell Metabolism, 23(6), 1034–1047. https://doi.org/10.1016/j.cmet.2016.05.007
- Eckstrom, E., Neukam, S., Kalin, L., & Wright, J. (2020). Physical Activity and Healthy Aging. Clinics in Geriatric Medicine, 36(4), 671–683. https://doi.org/10.1016/j.cger.2020.06.009
- Golbidi, S., Daiber, A., Korac, B., Li, H., Essop, M. F., & Laher, I. (2017). Health Benefits of Fasting and Caloric Restriction. Current Diabetes Reports, 17(12), 123. https://doi.org/10.1007/s11892-017‑0951‑7
- Gómez-Linton, D. R., Alavez, S., Alarcón-Aguilar, A., López-Diazguerrero, N. E., Konigsberg, M., & Pérez-Flores, L. J. (2019). Some naturally occurring compounds that increase longevity and stress resistance in model organisms of aging. Biogerontology, 20(5), 583–603. https://doi.org/10.1007/s10522-019–09817‑2
- Green, C. L., Lamming, D. W., & Fontana, L. (2022). Molecular mechanisms of dietary restriction promoting health and longevity. Nature Reviews. Molecular Cell Biology, 23(1), 56–73. https://doi.org/10.1038/s41580-021–00411‑4
- Li, Y.-R., Li, S., & Lin, C.-C. (2018). Effect of resveratrol and pterostilbene on aging and longevity. BioFactors (Oxford, England), 44(1), 69–82. https://doi.org/10.1002/biof.1400
- López-Otín, C., Blasco, M. A., Partridge, L., Serrano, M., & Kroemer, G. (2013). The hallmarks of aging. Cell, 153(6), 1194–1217. https://doi.org/10.1016/j.cell.2013.05.039
- Madeo, F., Eisenberg, T., Büttner, S., Ruckenstuhl, C., & Kroemer, G. (2010). Spermidine: a novel autophagy inducer and longevity elixir. Autophagy, 6(1), 160–162. https://doi.org/10.4161/auto.6.1.10600
- Matsumoto, M., Kitada, Y., & Naito, Y. (2019). Endothelial Function is improved by Inducing Microbial Polyamine Production in the Gut: A Randomized Placebo-Controlled Trial. Nutrients, 11(5). https://doi.org/10.3390/nu11051188
- Mazza, E., Ferro, Y., Pujia, R., Mare, R., Maurotti, S., Montalcini, T., & Pujia, A. (2021). Mediterranean Diet In Healthy Aging. The Journal of Nutrition, Health & Aging, 25(9), 1076–1083. https://doi.org/10.1007/s12603-021‑1675‑6
- Nadeeshani, H., Li, J., Ying, T., Zhang, B., & Lu, J. (2022). Nicotinamide mononucleotide (NMN) as an anti-aging health product — Promises and safety concerns. Journal of Advanced Research, 37, 267–278. https://doi.org/10.1016/j.jare.2021.08.003
- Roberts, S. B., Silver, R. E., Das, S. K., Fielding, R. A., Gilhooly, C. H., Jacques, P. F., Kelly, J. M., Mason, J. B., McKeown, N. M., Reardon, M. A., Rowan, S., Saltzman, E., Shukitt-Hale, B., Smith, C. E., Taylor, A. A., Wu, D., Zhang, F. F., Panetta, K., & Booth, S. (2021). Healthy Aging-Nutrition Matters: Start Early and Screen Often. Advances in Nutrition (Bethesda, Md.), 12(4), 1438–1448. https://doi.org/10.1093/advances/nmab032
- Zia, A., Farkhondeh, T., Pourbagher-Shahri, A. M., & Samarghandian, S. (2021). The role of curcumin in aging and senescence: Molecular mechanisms. Biomedicine & Pharmacotherapy = Biomedecine & Pharmacotherapie, 134, 111119. https://doi.org/10.1016/j.biopha.2020.111119