Die Autophagie, abgeleitet vom Griechischen “Selbst essen”, ist ein komplexer biologischer Prozess. Die Bedeutung der Autophagie für die Gesundheit wird dabei erst seit wenigen Jahren erforscht. Grundsätzlich bauen Zellen dabei beschädigte Proteine und Organellen ab und recyceln diese. Dadurch trägt die Autophagie zum Erhalt der zellulären Gesundheit bei und verbessert die Energieeffizienz der Zelle (Mizushima & Komatsu, 2011).
Der Prozess der Autophagie
Die Autophagie ist ein adaptiver Prozess, der hauptsächlich unter Stressbedingungen aktiviert wird. Er dient dazu, die Zellfunktion zu erhalten und den zellulären Stoffwechsel zu regulieren. Stressbedingungen können etwa Nährstoffmangel, Sauerstoffmangel, Infektionen oder Schädigungen der Zelle sein. Unter diesen Umständen fungiert die Autophagie als eine Art Überlebensstrategie. Die Zelle befreit sich dabei von beschädigten oder funktionslosen Proteinen und Organellen. Dadurch schafft sie Platz und Ressourcen für die Synthese neuer Proteine (Mizushima & Komatsu, 2011).

Ein interessanter Aspekt der Autophagie ist die Aktivierung durch bestimmte Moleküle. Eines dieser Moleküle ist Spermidin, ein natürliches Polyamin, das in verschiedenen Lebensmitteln vorkommt. Es hat gezeigt, dass es die Autophagie durch Hemmung von Acetyltransferasen anregt. Dadurch wird die Proteindegradationsrate erhöht und die Zellalterung verlangsamt (Mizushima & Komatsu, 2011).
Autophagie und Gesundheit: Die Hallmarks of Aging
Die Autophagie spielt eine wesentliche Rolle in der Gesundheit des Organismus. Eine Störung der Autophagie führt zur Ansammlung von defekten Proteinen und kann die Entstehung einer Vielzahl von Krankheiten fördern. Diese zentrale Bedeutung der Autophagie und anderer, alters- und krankheits-assoziierter Vorgänge, findet Ausdruck in den sogenannte “Hallmarks of Aging”. Diese Hallmarks sind neun biologische Schlüsselprozesse, die zur Alterung beitragen. Sie treten mit steigendem Alter vermehrt auf und können den Alterungsprozess verlangsamen, wenn man sie richtig beeinflusst. Die Hallmarks umfassen dabei im Detail:
- Genomische Instabilität: Die Ansammlung von genetischen Schäden über die Zeit.
- Telomer-Verkürzung: Die Verkürzung der Enden unserer Chromosomen, die mit Zellalterung verbunden ist.
- Epigenetische Abweichungen: Änderungen in der Art und Weise, wie Gene im Laufe der Zeit abgelesen werden.
- Verlust der Proteostase: Unvermögen, Proteine richtig zu falten und zu entfalten, was zu Krankheiten führen kann.
- Deregulierte Nährstoffsensorik: Veränderungen im Stoffwechsel und in der Nährstoffaufnahme.
- Mitochondriale Dysfunktion: Abnahme der Funktion der Mitochondrien, die unsere Zellen mit Energie versorgen.
- Zelluläre Seneszenz: Alternde Zellen verlieren ihre Fähigkeit, sich zu teilen und funktionieren nicht mehr effizient.
- Stammzell Erschöpfung: Reduzierte Fähigkeit des Körpers, neue Zellen zu bilden.
- Veränderte Zell-Zell-Kommunikation: Entzündungsprozesse und eine beeinträchtigte Kommunikation zwischen Zellen.
Die Autophagie ist direkt oder indirekt mit all diesen Hallmarks verbunden. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Proteostase, hilft, die genomische Stabilität zu bewahren und kann mitochondrialen Schäden entgegenwirken. Eine gestörte Autophagie ist daher mit dem Alterungsprozess und verschiedenen altersbedingten Krankheiten verbunden (López-Otín et al., 2013).
Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht abschließend geklärt, inwieweit eine Stimulation der Autophagie therapeutisch sinnvoll ist. Es ist jedoch bereits klar, dass Störungen der Autophagie eine Rolle bei verschiedenen, wichtigen Krankheitsbildern spielen.
Autophagie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind eine der Haupttodesursachen weltweit. Autophagie spielt eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein gesunder Autophagie-Prozess ist wichtig für die Erhaltung der Herzfunktion und die Prävention von Herzkrankheiten. Er hilft unter anderem dabei, beschädigte Proteine und Mitochondrien abzubauen und die Herzenergieproduktion aufrechtzuerhalten (Abdellatif et al., 2018; Bravo-San et al., 2017).
Autophagie, Diabetes und Übergewicht
Diabetes und Übergewicht sind eng miteinander verbunden und stellen eine enorme Gesundheitsbelastung dar. Das Übergewicht bedingt eine Abnahme der Empfindlichkeit der Zellen für Insulin. In der Folge kann kein Zucker mehr aus dem Blut in die Zellen gelangen. Die Betroffenen leiden unter einem krankhaft erhöhten Blutzuckerspiegel. Eine physiologische Autophagie hilft, den Insulinhaushalt zu regulieren. Insulinresistenz, die mit Übergewicht und Diabetes assoziiert sind, wird vermindert und der Blutzuckerspiegel gesenkt (Sarparanta et al., 2017).
Autophagie und neurodegenerative Erkrankungen
Autophagie spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen. Dazu gehören unter anderem Alzheimer, Parkinson und die Huntington-Krankheit. Eine gestörte Autophagie kann zur Anhäufung von schädlichen Proteinen im Gehirn führen. Gerade Alzheimer und Parkinson werden bereits seit Jahrzehnten mit der Ablagerung charakteristischer Proteine in Verbindung gebracht. Wird diesem Prozess nicht entgegengewirkt, fördert und beschleunigt dies neurodegenerative Prozesse (Guo et al.,2018; Park et al., 2020).
Wie kann ich die Autophagie fördern?
Mit diesen Erkenntnissen vor Augen, ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen nach Möglichkeiten suchen, die Autophagie zu fördern. In der wissenschaftlichen Literatur wurden verschiedene Ansätze vorgeschlagen, wie dies erreicht werden kann. Insbesondere Fasten und Kalorienrestriktion gelten dabei als vielversprechend (Bagherniya et al., 2018).
Fasten ist wohl eine der bekanntesten und wirksamsten Methoden zur Förderung der Autophagie. Während einer Fastenperiode gibt es keine Nahrungsaufnahme, die die Produktion neuer Proteine und Organellen stimuliert. Dies zwingt den Körper, sich auf seine internen Ressourcen zu verlassen, wodurch der Autophagie-Prozess angeregt wird. Dabei wird eine Reihe von Fastenprotokollen diskutiert, einschließlich intermittierendem Fasten, Wasserfasten und Fasten-mimicking Diäten. Es sollte jedoch beachtet werden, dass das Fasten immer unter Aufsicht eines medizinischen Fachpersonals durchgeführt werden sollte. Insbesondere Personen mit gesundheitlichen Bedenken oder bestimmten Krankheiten sollten hier vorsichtig sein (Bagherniya et al., 2018).

Eine andere Methode zur Förderung der Autophagie ist die Kalorienrestriktion. Dies bezieht sich auf die Verringerung der Kalorienaufnahme ohne Mangelernährung. Studien haben gezeigt, dass eine Reduzierung der Kalorienaufnahme um 20–40% den Autophagie-Prozess anregen kann. Dies könnte dazu beitragen, den Alterungsprozess zu verlangsamen und die Gesundheit und Langlebigkeit zu fördern. Es ist wichtig zu beachten, dass eine Kalorienrestriktion immer unter Berücksichtigung einer ausgewogenen und nährstoffreichen Ernährung durchgeführt werden sollte. Nur so werden Mangelerscheinungen sicher vermieden (Bagherniya et al., 2018).
Insgesamt zeigen diese Erkenntnisse, dass Fasten und Kalorienrestriktion, wirksame Methoden zur Förderung der Autophagie sein können. Darüber hinaus gilt vor allem die Einnahme von Spermidin als effektive Maßnahme, um die Autophagie anzuregen (Mizushima & Komatsu, 2011).
Abschließende Worte
Zusammengefasst ist die Autophagie ein entscheidender Prozess für die Gesunderhaltung unseres Körpers. Störungen dieses Prozesses können zu einer Reihe von Krankheiten beitragen, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes bis hin zu neurodegenerativen Krankheiten. Das Verständnis und die Förderung der Autophagie kann daher ein wichtiger Schritt sein, um diese Krankheiten zu verhindern.
Quellen
- Abdellatif, M., Sedej, S., Carmona-Gutierrez, D., Madeo, F., & Kroemer, G. (2018). Autophagy in Cardiovascular Aging. Circulation Research, 123(7), 803–824. https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.118.312208
- Bagherniya, M., Butler, A. E., Barreto, G. E., & Sahebkar, A. (2018). The effect of fasting or calorie restriction on autophagy induction: A review of the literature. Ageing Research Reviews, 47, 183–197. https://doi.org/10.1016/j.arr.2018.08.004
- Bravo-San Pedro, J. M., Kroemer, G., & Galluzzi, L. (2017). Autophagy and Mitophagy in Cardiovascular Disease. Circulation Research, 120(11), 1812–1824. https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.117.311082
- Guo, F., Liu, X., Cai, H., & Le, W. (2018). Autophagy in neurodegenerative diseases: pathogenesis and therapy. Brain Pathology (Zurich, Switzerland), 28(1), 3–13. https://doi.org/10.1111/bpa.12545
- López-Otín, C., Blasco, M. A., Partridge, L., Serrano, M., & Kroemer, G. (2013). The hallmarks of aging. Cell, 153(6), 1194–1217. https://doi.org/10.1016/j.cell.2013.05.039
- Mizushima, N., & Komatsu, M. (2011). Autophagy: renovation of cells and tissues. Cell, 147(4), 728–741. https://doi.org/10.1016/j.cell.2011.10.026
- Park, H., Kang, J.-H., & Lee, S. (2020). Autophagy in Neurodegenerative Diseases: A Hunter for Aggregates. International Journal of Molecular Sciences, 21(9). https://doi.org/10.3390/ijms21093369
- Sarparanta, J., García-Macia, M., & Singh, R. (2017). Autophagy and Mitochondria in Obesity and Type 2 Diabetes. Current Diabetes Reviews, 13(4), 352–369. https://doi.org/10.2174/1573399812666160217122530