Diabetes mellitus, oft einfach als Diabetes bezeichnet, ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch hohe Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) gekennzeichnet ist. Bei Menschen mit Diabetes ist die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, beeinträchtigt. Die häufigste Form dieser Erkrankung ist der Diabetes mellitus Typ2 (Bailes, 2002). Dabei spielt die Ernährung zweifellos eine wichtige Rolle. Doch kann auch Spermidin hier Einfluss nehmen?
Auslöser, Krankheitsentstehung und Risikofaktoren
Die Entstehung von Typ-2-Diabetes ist komplex und beinhaltet eine Dysfunktion von Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren. Außerdem ist die Fähigkeit des Körpergewebes, auf Insulin zu reagieren, vermindert. Ein Zustand, der als Insulinresistenz bekannt ist. Insulin ist ein Hormon, das die Zellen dazu veranlasst, Zucker aus dem Blut aufzunehmen und zur Energieerzeugung zu verwenden. Bei Typ-2-Diabetes wird nicht ausreichend Insulin produziert und das Insulin wirkt nicht mehr ausreichend. Das führt dazu, dass sich Glukose im Blut ansammelt und zu hohen Blutzuckerspiegeln führt (Bailes, 2002).
Es gibt viele Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes, darunter genetische Veranlagung, Alter, Fettleibigkeit, körperliche Inaktivität und eine ungesunde Ernährung. Die genaue Ursache von Typ-2-Diabetes ist jedoch nicht vollständig geklärt. Es ist wahrscheinlich, dass eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren zu der Krankheit führt (Bailes, 2002).
Symptome und Folgen
Die Symptome von Typ-2-Diabetes können subtil und langsam auftreten. Dazu gehören häufiges Wasserlassen, starker Durst, erhöhter Hunger, Gewichtsverlust, Müdigkeit, verschwommenes Sehen und langsame Heilung von Wunden. Bei einigen Menschen liegen jedoch auch gar keine Symptome vor, bis der Diabetes fortschreitet oder Komplikationen auftreten (Bailes, 2002).
Ohne angemessene Behandlung kann Diabetes zu schweren Komplikationen führen. Dazu zählen Herzkrankheiten, Schlaganfälle, Nierenerkrankungen, Augenschäden und Neuropathie (Nervenschäden). Typ-2-Diabetes kann auch zu anderen gesundheitlichen Problemen führen, einschließlich Verdauungsproblemen, sexueller Dysfunktion und erhöhtem Risiko für Infektionen (Bailes, 2002).
Ernährung bei Diabetes
Die richtige Ernährung bei Diabetes mellitus Typ 2 ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung und Prävention von Folgeerkrankungen. Die moderne Diabetes Typ 2 Ernährung stützt sich auf fundierte medizinische und ernährungswissenschaftliche Empfehlungen. Es geht nicht um eine spezielle “Diät bei Diabetes”, sondern vielmehr um eine generell ausgewogene, gesunde Ernährung, die zu jedem gesunden Lebensstil beitragen sollte (DGE, 2020).
Eine der zentralen Herausforderungen bei der Ernährung bei Diabetes ist es, die Aufnahme von Kohlenhydraten so zu kontrollieren, dass der Blutzuckerspiegel stabil bleibt. Eine wesentliche Rolle dabei spielt der glykämische Index (GI). Er gibt an, wie schnell und stark ein Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt (DGE, 2020).
Nahrungsmittel mit einem niedrigen GI (unter 55) lassen den Blutzuckerspiegel langsamer und weniger stark ansteigen. Vollkornprodukte, Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse haben meist einen niedrigen GI. Einfache Kohlenhydrate wie in weißem Brot, Süßigkeiten oder Softdrinks haben hingegen einen hohen GI und sollten nur in Maßen verzehrt werden (DGE, 2020).
Ebenso wichtig ist eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen. Sie können die Aufnahme von Glukose in den Blutkreislauf verlangsamen und so zu einem stabileren Blutzuckerspiegel beitragen. Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) belaufen sich auf etwa 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag (DGE, 2020).

Der Diätplan für Diabetiker: Keine Einheitslösung
Ein genereller Diätplan für Diabetiker existiert nicht. Jeder Mensch ist individuell und hat unterschiedliche Ernährungsbedürfnisse. Es ist wichtig, einen Ernährungsplan für Zuckerkranke individuell anzupassen, um nicht nur den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Ein Beispiel für einen solchen Ernährungsplan könnte so aussehen:
- Frühstück: Haferflocken mit frischen Früchten und Nüssen
- Vormittagssnack: Ein Stück Obst und eine Handvoll Nüsse
- Mittagessen: Vollkornpasta mit Gemüse und Hähnchen
- Nachmittagssnack: Joghurt mit Beeren
- Abendessen: Lachs mit Quinoa und Brokkoli
- Spätabendlicher Snack: Ein hartgekochtes Ei oder Gemüsesticks
Autophagie: Schlüsselmechanismus der Gesundheit
Autophagie ist ein natürlicher Mechanismus der Zelle, der unerwünschte Proteine und beschädigte Organellen abbaut und recycelt. Sie dient dazu, die zelluläre Homöostase (Balance) aufrechtzuerhalten und ermöglicht den Zellen, sich effektiv an verschiedene Stressbedingungen anzupassen. Bei diesem Prozess werden schadhafte oder überflüssige Zellbestandteile in Vesikeln eingeschlossen, die dann mit Lysosomen fusionieren. In diesen wird der Inhalt daraufhin abgebaut. Die dabei freigesetzten Moleküle werden wiederum als Bausteine für die Synthese neuer Moleküle oder zur Energiegewinnung verwendet (Tao & Xu, 2020)
Studien haben eine enge Beziehung zwischen der Autophagie und der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes wird eine verminderte Autophagie-Aktivität beobachtet. Dieser Zustand scheint zur Entstehung der Insulinresistenz beizutragen (Tao & Xu, 2020).
Darüber hinaus hat die Forschung gezeigt, dass eine gestörte Autophagie auch zu einer Dysfunktion der Bauchspeicheldrüse führt. Wenn die Autophagie in diesen Zellen reduziert ist, führt dies zu einem übermäßigen Ansammeln von beschädigten Proteinen und Organellen. Das beeinträchtigt die Funktion der Betazellen und vermindert den Insulinausstoß (Tao & Xu, 2020).
Wie hilft Spermidin bei Diabetes?
Spermidin ist eine natürlich vorkommende Verbindung, die als Polyamin bekannt ist. Es spielt eine Schlüsselrolle zellulären Funktionen wie der Zellproliferation und ‑differenzierung. Interessanterweise hat Spermidin auch die Fähigkeit, den Prozess der Autophagie zu fördern (Madeo et al., 2010). Wie bereits erwähnt, ist Autophagie ein zellulärer “Recycling”-Mechanismus, der zur Aufrechterhaltung der Zellgesundheit beiträgt (Tao & Xu, 2020).
In der aktuellen Forschung wurde Spermidin aufgrund seiner potenziellen Effekte bei Diabetes und damit verbundenen Erkrankungen untersucht. In einer Studie von Choksomngam et al. (2021) wurde festgestellt, dass Spermidin eine regulierende Rolle im Stoffwechsel spielt. Dadurch könnte es potenziell bei der Behandlung von Stoffwechselstörungen wie Adipositas und Typ-2-Diabetes helfen. Spermidin führte bei übergewichtigen Mäusen und Menschen zu einer verbesserten Insulinsensitivität, reduzierten Entzündungen und einer verbesserten Lebergesundheit (Choksomngam et al., 2021).
In einer anderen Studie von Kang et al. (2021) wurde gezeigt, dass Spermidin im Hippocampus dazu beiträgt, kognitive Beeinträchtigungen bei diabetischen Ratten zu lindern. Der Hippocampus ist der Teil des Gehirns, der für das Gedächtnis besonders wichtig ist. Spermidin könnte also dazu beitragen, diabetische Komplikationen im Zusammenhang mit dem Nervensystem zu lindern (Kang et al., 2021).
Darüber hinaus haben Studien von Sun et al. (2023), Wang et al. (2020) und Zhang et al. (2021) gezeigt, dass exogenes Spermidin die Gesundheit des Herzens und der Nieren bei diabetischen Tieren verbessert. Die Autoren suggerieren, dass Spermidin dies tut, indem es den oxidativen Stress reduziert, den zellulären Schutzmechanismus der Autophagie fördert und entzündliche Reaktionen mildert.
Spermidin aus dem Darm?
Spermidin kommt in verschiedenen Lebensmitteln vor. Vor allem Weizenkeime sind reich an dem Polyamin. Doch scheint das nicht die einzige Quelle zu sein, die unser Körper nutzt. In einer japanischen Studie konnte man zeigen, dass die Bakterien im Darm die Aminosäure L‑Arginin offenbar zu Spermidin umwandeln. Dazu gaben die Wissenschaftler den Probanden L‑Arginin mit bestimmten Bifidobakterien. Ohne, dass die Versuchsteilnehmer also Spermidin bekommen hatten, stieg ihr Spermidin-Spiegel im Blut an! Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass eine ausreichende Spermidin-Zufuhr nicht nur durch isoliertes Spermidin gewährleistet werden sollte (Matsumoto et al., 2011).
Fazit
Diabetes ist eine schwerwiegende Erkrankung, die man nicht unterschätzen sollte. Ein ungesunder Lebenswandel begünstigt die Entstehung und die Folgen können schwerwiegend sein. Umgekehrt können eine gesunde Ernährung und Bewegung das Risiko lindern – unter anderem durch Aktivierung der Autophagie. Die aktuelle Forschung deutet außerdem darauf hin, dass Spermidin hierbei einen wertvollen Beitrag leisten kann. Aufgrund seiner Fähigkeit, die Autophagie zu fördern und oxidativen Stress und Entzündungen zu reduzieren, ist es ein vielversprechender Kandidat zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und seinen Komplikationen.
Quellen
- Bailes, B. K. (2002). Diabetes mellitus and its chronic complications. AORN Journal, 76(2), 266–276,276–278. https://doi.org/10.1016/s0001-2092(06)61065‑x
- Choksomngam, Y., Pattanakuhar, S., Chattipakorn, N., & Chattipakorn, S. C. (2021). The metabolic role of spermidine in obesity: Evidence from cells to community. Obesity Research & Clinical Practice, 15(4), 315–326. https://doi.org/10.1016/j.orcp.2021.06.009
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2020). Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Verfügbar unter: https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ [abgerufen am 27. Juni 2023].
- Kang, X., Li, C., Xie, Y., He, L.-L., Xiao, F., Zhan, K.-B., Tang, Y.-Y., Li, X., & Tang, X.-Q. (2021). Hippocampal ornithine decarboxylase/spermidine pathway mediates H(2)S‑alleviated cognitive impairment in diabetic rats: Involving enhancment of hippocampal autophagic flux. Journal of Advanced Research, 27, 31–40. https://doi.org/10.1016/j.jare.2020.06.007
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